Auch wenn es nicht leicht ist: Es ist wichtig, dass wir uns gegenseitig beistehen und nahe sind in der Situation des Todes eines lieben Menschen aus unserer Mitte. Einfach das Da-sein, das auch die Ohnmacht und Sprachlosigkeit aushalten und den Trauernden spüren zu lassen, er ist nicht allein, das ist schon ganz viel. Da braucht es oft keine Worte, sondern das Zeichen des DA-Seins.
Dies ist im christlichen Glauben von Anfang an ganz tief verankert. Die ersten Christen praktizierten es schon so. Man denke an das Begräbnis des Lazarus, das uns in der Bibel überliefert ist. Aus der ganzen Umgebung strömten die Menschen zu Maria und Marta, den Schwestern des verstorbenen Lazarus, einfach um DA-zu sein, mit Ihnen zu trauern und sie so zu trösten. Schon da ist uns überliefert, dass Trauer nicht alleine geht. Auch Jesus kommt, um zu trauern, ja, hier heißt es sogar, er weinte. Jesus weint um seinen Freund Lazarus. Auch er lässt Trauer zu, er zeigt seine Gefühle. Und das finde ich ganz wichtig in der Phase der Trauer. Die frühen Christen machen es uns vor, dass Trauer keine Privatsache ist, sondern eine gemeinsame. Es sollen alle Menschen Abschied nehmen und trauern können, die einen Verstorbenen gekannt haben. Und es tut gut, wenn andere davon wissen, dann muss ich meine Trauer nicht verbergen.
Die frühen Christen haben es sich deswegen auch zur Aufgabe gemacht, die Verstorbenen der Gemeinde zu bestatten. Sie sahen das als Werk der Barmherzigkeit. Und das ist es auch heute. Jeder Mensch ist in seiner Biographie, in seinem Geschaffen-sein einzigartig. Das macht den Wert und die Würde eines jeden Menschen vor Gott aus. Daher braucht es gewisse Rituale des Abschieds, wo dieses Leben noch einmal gewürdigt wird, wie das bei einer Trauerfeier geschieht. Ich glaube, dass wir dies auch wirklich wieder zur Aufgabe der christlichen Gemeinde machen müssen.
Das vor allem auf dem Hintergrund, dass viele völlig allein sterben und auch das Sterben und der Tod gesellschaftlich immer mehr aus der Öffentlichkeit verschwinden. Anonyme Bestattungen, oder im engsten Familienkreis nehmen zu. Dabei erfahre ich immer wieder, wie ein gemeinsam gefeierter Gottesdienst für einen Verstorbenen allen guttut: Den Angehörigen Trauernden genauso, wie den vielen, die ihn gekannt haben und von ihm Abschied nehmen möchten. Dazu helfen viele unsere christlichen Trauerrituale, auch ganz kleine. Seit dem Amoklauf im Winnenden weiß ich, wie gut es ist, still eine Kerze für den Verstorbenen anzuzünden und den Namen des Verstorbenen auszusprechen im Gottesdienst. Oder auch ganz alleine in der Kirche. Darum ist es gut, wenn wir uns heute auf dem Friedhof als Gemeinschaft versammeln, Kerzen auf den Gräbern entzünden und im Gespräch am Grab die Verstorbenen nochmal in Leben holen, indem wir uns an sie erinnern und von ihnen sprechen. So bleiben sie Teil unserer Gemeinschaft. So wird der Glaube an die Auferstehung Wirklichkeit.
Dekan Ulrich Kloos